Bisherige Pflanzen der Woche - Die Spritzgurke
Die Spritzgurke - Ecballium elaterium (L.) A. Rich.
Die ersten kühlen Tage kündigen den Herbst an und mit ihm die Erntezeit. Auch im Einjährigen-Revier des Botanischen Gartens, wo rund 800 verschiedene Pflanzenarten kultiviert werden, bilden nun viele Pflanzen ihre Früchte und Samen, um den Fortbestand im kommenden Jahr zu sichern.
Einige lassen sich dabei außergewöhnliche Ausbreitungsmechanismen einfallen. Zu denen, die ihre Ausbreitung ein Stück weit selbst in die Hand nehmen, gehört die Spritzgurke (Ecballium elaterium (L.) A. Rich).
Der Gattungsname Ecballium stammt vom griechischen Wort ekballein ab und bezieht sich auf das heftige Ausschleudern der Samen aus den reifen Früchten. Botanisch gesehen handelt es sich bei den 4 bis 5 cm langen Früchten um Panzerbeeren mit einer stabilen, aber dehnbaren Fruchtwand. Mit zunehmender Fruchtreife entsteht ein sehr hoher Innendruck im Fruchtgewebe, der etwa dem fünffachen Druck in einem Fahrradreifen entspricht. Am Stielansatz ist die Frucht wie mit einem Pfropfen verschlossen, bis sie an genau dieser Stelle dem steigenden Druck nicht mehr standhalten kann und bei Vollreife aufreißt. Die sehr dünnwandigen Zellen in der Umgebung des Stielansatzes fungieren dabei als Sollbruchstelle. Der Fruchtinhalt samt Samen wird explosionsartig bis zu 12 Meter weit herausgeschleudert. Was wie eine startende Rakete wirkt, bezeichnet die Botanik treffend als Saftdruckstreuer. Pflanzenvertreter mit diesem Ausbreitungsmechanismus sind in Europa selten anzutreffen. Bekannte Vertreter in unseren Breiten sind beispielsweise die Springkräuter (Gattung Impatiens), deren reife Kapselfrüchte entlang ihrer Längsseiten an Nähten aufreißen.
Das Verbreitungsgebiet der Spritzgurke erstreckt sich vom Mittelmeerraum bis hin zum Kaukasus. Sie besiedelt ruderale Plätze, Wegränder, Trockenrasen und Felsfluren.
Ihre fünfstrahligen, gelben, in der Regel eingeschlechtlichen Blüten, lassen die Verwandtschaft zu den Kürbisgewächsen (Cucurbitaceae) erkennen. Ranken bildet die Spritzgurke, im Gegensatz zur Gartengurke (Cucumis sativus L.), keine aus.
Zu einer Verwechslung der beiden Arten sollte es unter keinen Umständen kommen. Die in der Spritzgurke enthaltenen Cucurbitacine sind hochgiftig und können bei Verzehr Übelkeit, Erbrechen und (blutigen) Durchfall, bis hin zur Todesfolge auslösen. Die für die Kürbisgewächse typische Gruppe von Bitterstoffen kann uns auch bei ihren Verwandten Gurke, Kürbis, Zucchini und Melone begegnen. In Kultursorten sind Cucurbitacine erfolgreich über Selektion heraus gezüchtet worden. Durch Rückkreuzungen mit Wildformen, Umweltstress oder spontane Mutationen kann es aber wieder zur Anreicherung dieser Substanzen kommen. Bittere Früchte sollte man deshalb keinesfalls verzehren. Cucurbitacine werden auch beim Kochen durch höhere Temperaturen nicht zerstört.
Trotz der Toxizität der Spritzgurke sind auch Anwendungen als Medizinalpflanze beschrieben worden. Der bittere Fruchtsaft wurde u.a. als starkes Abführmittel oder in der nasalen Anwendung zur Behandlung von Sinusitis eingesetzt.
Im Einjährigenrevier sollte man die reifenden Früchte der Spritzgurke besser mit gebührendem Abstand betrachten, denn auch bei Haut- oder Augenkontakt mit dem Fruchtsaft kann es zu starken Reizungen, Rötungen, Entzündungen und Schmerzen kommen.
(KW 39/23)