Bisherige Pflanzen der Woche - Die Knollige Kapuzinerkresse
Die Knollige Kapuzinerkresse - Tropaeolum tuberosum Ruiz et Pav.
Die Große Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus L) zählt hierzulande zu den beliebten Sommerblumen. Sie teilt ihre peruanische Heimat mit mehreren nahen Verwandten, darunter der Knolligen Kapuzinerkresse. Insgesamt umfasst die mittel- und südamerikanische Gattung über 90 Arten. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in den Gebirgen.
Als sommergrüne Kletterpflanze treibt die Knollige Kapuzinerkresse jedes Frühjahr meterlange Triebe aus einer unterirdischen Speicherknolle. Diese Knollen lassen sich ähnlich wie Kartoffeln lange lagern. Sie dienen in den Hochanden von Kolumbien bis Nordwest-Argentinien von jeher als Nahrungsmittel. Die dortige Bevölkerung nutzt und kultiviert etwa zwei Dutzend knollenbildende Pflanzenarten und hat diese züchterisch weiterentwickelt: So entstand aus der wildwachsenden Unterart der Knolligen Kapuzinerkresse, deren Speichergewebe im Boden nur schwach entwickelt ist, eine Kulturform mit stark verdickten Sprossknollen, von denen man satt werden kann. Roh schmecken diese allerdings scharf (Senfölglycoside) und sind giftig (Blausäure), weshalb man sie gekocht, z. B. als Zutat von Eintopfgerichten, oder geröstet verzehrt.
Die orange gefärbten Blütengirlanden der Pflanze, die in der Heimat Kolibris Nahrung bieten, ranken sich nahe dem Haupteingang an der Südbuche (Nothofagus) im Südhemisphären-Beet empor und schmücken die Laube im hinteren Gartenbereich, wo die Beete der einjährigen Pflanzen winterlich brachliegen. Die gespornten Blüten, deren individuelle Lebensdauer bis zu zwei Wochen betragen kann, zeigen sich erst im Herbst, wenn die Nachtlänge 12 Stunden überschreitet. Die Botanik spricht in diesem Fall von „Kurztagspflanzen“. Tatsächlich ist es aber nicht die Kürze des Tages, sondern die Länge der Dunkelperiode, die die Knospenbildung auslöst. Doch wie erkennen Pflanzen ohne Augen das Tageslicht? Die Blätter enthalten sogenannte Phytochrome – Molekülkomplexe aus fotosensiblen Farbstoffen, die mit Eiweißbausteinen verknüpft sind. Ihre Faltung und räumliche Struktur verändert sich unter Lichteinfluss und löst damit Signalketten im Stoffwechsel der Pflanzen aus, die auf alle Bereiche des Pflanzenkörpers ausstrahlen können.
Zugleich mit der Knospenbildung geben die langen Nächte auf diese Weise auch das Signal für die Bildung der unterirdischen Knollen. Ein langer, frostfreier Herbst wie in diesem Jahr beschert uns also nicht nur einen besonders prächtigen Blütenflor sondern legt auch eine gute Basis für das Fortbestehen der Pflanzen im kommenden Jahr: Da die oberirdischen Pflanzenteile unter unseren Bedingungen mit dem ersten strengen Frost absterben, bevor die Samen reif sind, hängt der Neuaustrieb im Frühjahr allein davon ab, wieviel Kraft die Knollen vor dem Einbruch des Winters sammeln und einlagern können.
(KW 46/23)